Mein Interview im Solingen Magazin

Bodybuilderin Nadine Vomm: Erst Dt. Meisterschaft, dann Vize-Weltmeisterin

„Selbst drei Monate später ist es noch schwer zu glauben, dass das alles tatsächlich passiert ist“, gibt Nadine Vomm zu. Die Sportlerin gewann im Oktober 2018 die Internationale Meisterschaft der Austrian Natural Bodybuilding & Fitness Federation in der Bikini-Klasse und sogar den Gesamtsieg Frauen. Im Anschluss holte sie bei der GNBF (German Natural Bodybuilding & Fitness Federation) den Sieg bei der Deutschen Meisterschaft. Und als Miami zu den DFAC (Drug Free Athletes Coalition) World Finals 2018 rief, legte die 27-Jährige auch diesen Wettkampf mit Bravour ab und wurde am 10. November 2018 Vize-Weltmeisterin.

Vize-Weltmeisterin in Miami

„Seit meinem 16. Lebensjahr habe ich immer Reitsport und Kraftsport parallel gemacht“, denkt die ehemalige Schülerin des Gymnasiums Schwertstraße zurück. Den Reitsport stellte sie für ein Jahr zugunsten der Fußballmannschaft ihrer Schule zurück. Dem Kraftsport blieb sie weiterhin treu. Während des anschließenden Studiums an der Deutschen Sporthochschule in Köln arbeitete sie als Angestellte zunächst bei HealthCity, dann bei Fitness First, bevor eine freiberufliche Tätigkeit als Personal Trainerin mit Lizenz folgte. Dann aber suchte sie nach einer neuen Herausforderung.

Auf einem Bodybuilding-Wettbewerb lernte Vomm die Bikini-Klasse kennen und war beeindruckt. „Zu dem Zeitpunkt habe ich an eine tatsächliche Teilnahme nicht geglaubt, ebenso wenig daran, dass ich die Diät, die eine Voraussetzung zur Gewichterreichung ist, durchhalten könnte.“ Doch der Gedanke daran ließ sie nicht los. Deshalb trat sie zunächst beim Wettkampf in Österreich an. „Für mich stellte diese Teilnahme eine Art Generalprobe dar. Ich wollte meine Chancen testen.“ Mit dem Sieg der Austrian Meisterschaft und dem Gesamtsieg Frauen qualifizierte sie sich für die Teilnahme in Miami.

Bei der Österreichischen Meisterschaft holte Nadine nicht nur den Meistertitel, sondern obendrein auch den Gesamtsieg Frauen. (Foto: © Verband ANBF)
Bei der Österreichischen Meisterschaft holte Nadine nicht nur den Meistertitel, sondern obendrein auch den Gesamtsieg Frauen. (Foto: © Verband ANBF)

Die Teilnahme bei der GNBF brachte die Dt. Meisterschaft und damit die Qualifikation für die Teilnahme an der Weltmeisterschaft. Die GNBF ist ein nationaler Verein, der den Internationalen Natural Bodybuilding Dachverbänden PNBA und INBA Europa angeschlossen ist und das gesunde, dopingfreie Bodybuilding fördert. Denn auch ohne Anabolika, Wachstumshormone und ähnliches sind herausragende Ergebnisse im Muskelaufbau zu erzielen. Die ANBF gehört dem internationalen Dachverband DFAC an. Die Entscheidung zwischen Miami und Las Vegas war nicht leicht, doch unumgänglich, da beide unabhängigen Verbände ihre Meisterschaften am selben Tag veranstalteten – die ANBF in Miami und die GNBF in Las Vegas. Schließlich entschied sich Nadine Vomm für Miami. „Den Ausschlag gab letztendlich, dass ich gerade ein Jahr zuvor in Las Vegas gewesen war“, erläuterte sie ihren Entschluss.

Die Bikini-Klasse ist die Einsteigerklasse, bei der eine straffe, schlanke Figur vorausgesetzt wird, ohne voluminöse Muskulatur und sichtbare Definition. Ausschlaggebend ist ein trainiertes, weibliches, harmonisches und zugleich sportliches Gesamtbild der Athletinnen. Im Gegensatz zum Wettkampf in Miami wird in Deutschland nach Körperlängen eingeteilt. Es erleichtert den Vergleich der Proportionen. Die Bikini-Klasse 1 erfordert eine Körperlänge bis 1,65 m. Jeder, der größer ist, wird in die Gruppe 2 eingereiht. Nadine kommt auf ein Maß von 1,64 m und wies bei ihrem Bühnenauftritt ein Gewicht von 50 kg auf.

Bikini-Klasse für Einsteiger

Die erforderliche Diät ist, wie die sportliche junge Frau aus Erfahrung berichten kann, grundsätzliches nichts Ausgefallenes. „Man muss keine speziellen Rezepte kochen. Es gibt eine Kalorienvorgabe. Obendrein sind bestimmte Makronährstoffziele einzuhalten“, weiß sie zu berichten. Eine bestimmte Aufnahmemenge an Eiweiß ist notwendig. Die Athletin musste einen Zeitraum von etwa 20 Wochen bis zum Wettkampf überbrücken. „Es war wirklich schwierig, so lange kontinuierlich dabei zu bleiben. Die strikte Diät wirkt sich auf viele Bereiche des Lebens aus. So kann man beispielsweise nicht mehr ohne weiteres mit Freunden essen gehen.“ Vor allem machte sich ein Riesenappetit auf Pizza breit. „Ich hätte am liebsten jeden Tag Pizza gegessen“, lacht sie, wenn sie daran denkt.

Von dem Entschluss, am Wettkampf teilzunehmen, informierte sie umgehend ihre Familie. Vater Wolfgang erinnert sich noch gut daran, wie sie jedes Nahrungsmittel auf die Essenswaage legte. Beim Wettkampf in Siegen war er selbst vor Ort und natürlich außerordentlich stolz, als seine Tochter mit dem Siegerpokal in der Hand auf der Bühne stand. Zahlreiche Freunde und Bekannte saßen ebenfalls im Publikum. „Man macht sich schon Gedanken, was passiert, wenn der Wettkampf nicht erfolgreich ist“, verrät Nadine Vomm. Umso schöner ist es dann aber, wenn alle den Sieg direkt miterleben können.

Derzeit stehen keine Wettkämpfe an. Trotzdem trainiert die junge Sportlerin weiterhin an mehreren Tagen pro Woche. Vielleicht startet sie im kommenden Herbst erneut bei der Weltmeisterschaft. (Foto: © Oliver Lersch)
Derzeit stehen keine Wettkämpfe an. Trotzdem trainiert die junge Sportlerin weiterhin an mehreren Tagen pro Woche. Vielleicht startet sie im kommenden Herbst erneut bei der Weltmeisterschaft. (Foto: © Oliver Lersch)

Sie selbst realisierte den Abend nur langsam. „Man steht da, mit einem Pokal in der Hand – eine irgendwie unwirkliche Situation. Auf und hinter der Bühne werden laufend Fotos gemacht, unzählige Nachrichten und Glückwünsche folgen. Es hat schon etwas gedauert, bis ich das wirklich umgesetzt hatte. Aber dann habe ich mich einfach nur noch gefreut, dass sich diese Wochen Training und eiserne Diät endlich ausgezahlt hatten.“

In Miami war nur ihr Freund mit dabei. „Doch natürlich gab es eine Live-WhatsApp-Schaltung“, lacht Nadine. „Die Informationen gingen fortlaufend hin und her.“ Die Familie daheim fieberte mit, wollte ständig auf dem Laufenden gehalten werden. „In Amerika wird mehr auf den Showaspekt geachtet als in Deutschland“, berichtet die Natural Bodybuilderin. Für den Abendauftritt musste sie sich eine Choreographie überlegen und vorführen. Sie denkt an die Beiträge zurück. „Es waren wirklich interessante Einlagen zu sehen.“ Sie selbst hatte für ihren Auftritt das Stück „Can‘t let go“ von der Gruppe Caught a Ghost ausgewählt. „Ich wollte keinen typischen Popsong, sondern etwas mehr Jazziges.“

Jazziges für die Choreografie

Jetzt hat die junge Sportlerin eine Anstellung im Marketing und Öffentlichkeitsbereich gefunden – natürlich in der Sportbranche. Nebenberuflich möchte sie sich ein zweites Standbein im Online-Coaching aufbauen. Gemeinsam mit ihrer Freundin Mariarosaria Amendola, einer italienischen Biologin und ebenfalls Personal Trainerin, möchte sie eine Plattform eröffnen, in der es um Online-Coaching geht, aber nicht im direkten Einzelkontakt, sondern in einer Gruppe. „Es wird eine Art Online-Community sein“, erklärt die Sportfachfrau. Gezeigt werden Videos mit Erläuterungen, Webinare, in denen Teilnehmer Fragen stellen können. Auch Ernährungsberatung mit entsprechenden Rezepten, Tipps zu gezieltem Training, umfangreiche Informationen und vieles mehr soll Platz in der virtuellen Akademie finden. Die entsprechende Website ist noch in Arbeit. Bis dahin finden Interessenten alles Wissenswerte auf www.nadinevox.com

Im Herbst vielleicht wieder zu den Meisterschaften

Auch wenn aktuell keine Wettkämpfe vor der Tür stehen, ist vier Mal pro Woche Training angesagt. „Die Schwachstellen der letzten Saison sollen ausgebügelt werden“, verrät Nadine mit einem Schmunzeln. Derzeit genießt sie es, nicht immer auf alles verzichten zu müssen. Doch sie schaut schon mit einem Auge auf die kommenden Meisterschaften im Herbst.

Solingen Magazin vom 8. Februar 2019 von Martina Hörle.